Works
Four Possibilities 8
Jaume Plensa ist mit zwei Arbeiten vertreten, von der die eine - „Meeting Point", 1997 (Plan Nr. 7) - im Innenhof des Schlosses steht, die zweite - „Four Possibilities", 1999 (Plan Nr. 8) - auf einer Wiese unmittelbar vor der Russischen Kapelle im Kurpark selbst. Plensas künstlerische Grundauffassungen erweitern die Palette der in der Ausstellung vertretenen entscheidend. „Es geht um die Spiritualisierung von Materie," äußert sich der spanische Künstler aus Barcelona, „um die Wechselwirkung von Geist und Stoff, nicht nur um bloße Form." Raum ist damit für Plensa sowohl plastisch als auch rein geistig und deren gleichberechtigte, ununterscheidbare Durchdringung ist sein Ziel.
Der Lichtraum „Four Possibilities" („Vier Möglichkeiten") und dessen Positionierung in Bad Homburg ist ein gutes Beispiel hierfür: Ein quadratischer, hochgezogener Raum auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche (154 x 154 cm) aus milchigen, aber durchscheinenden Glasbausteinen erbaut, hat auf jeder Seite einen schmalen, hohen Einlaß, der mit einem Vorhang aus Ketten kleiner Metallkugeln verhangen ist. Die Decke des 3 Meter hohen Raums ist offen, aber aufliegende Neonröhren beleuchten ihn Tag und Nacht. Über den Türen ist jeweils ein englisches Wort sehr fein in den Edelmetall-sturz graviert:."TEARS" (Tränen), „SALIVA" (Speichel), „SWEET" (süß) und „SOUR" (sauer): Worte also, die Lebenssäfte und den Geschmackssinn betreffen, intime menschliche Dinge, die im Betrachter sowohl eine assoziativ-intellektuelle Reaktion herausfordern, als auch eine intuitiv-emotionale. Vier Möglichkeiten hat der Betrachter also, den schmalen, hohen Innenraum zu betreten. Im Gegensatz zu Lutz Fritschs offenem „Raum im Raum" ist Plensas Plastik ein auf sich selbst verweisender, klaustrophobischer Raum, der den Betretenden isoliert und mit sich selbst und der gotisierenden, nach oben führenden Raumsituation allein läßt. Das Werk insgesamt bezieht sich auf die Ganzheit des Menschen, auf seinen urteilenden Geist ebenso wie auf seine Gefühle; es spielt mit der Kühle der Form und dem Geheimnis des Lichts, der Tiefe des Worts und der Mehrschichtigkeit des Bildes. Der Ort der Aufstellung konnte nicht besser gewählt werden: In unmittelbarem Sichtkontakt zum Gold strahlenden Zwiebelturm der russisch-orthodoxen Kirche, einem Zeichen der Spiritualität und Mystik. „Je näher ich mir selber komme," äußert sich der Künstler, „um so näher komme ich auch dem Betrachter meiner Werke - und er mir."