Werke

221.5° Arc x 12

221.5° Arc x 12 64

Bernar Venet ist durch seine unverwechselbaren Stahlskulpturen im öffentlichen Raum weltweit bekannt. Seine in Deutschland wohl prominenteste Arbeit ist der vor der Berliner Urania permanent installierte „Arc de 124,5°“. Venets herausragende Stellung innerhalb der zeitgenössischen Kunst beruht auf seinem schon früh sehr vielseitigen Werk, das er konsequent weiterentwickelt. Dazu gehören Zeichnungen, Tafelbilder und Skulpturen genauso wie Performances, Tonaufnahmen, Filme und auch seine kunsttheoretischen Schriften. Von Beginn an bestimmen theoretische Überlegungen die künstlerische Arbeit Bernar Venets. Bereits 1964 – im Alter von 23 Jahren – stellte er im Salon „Comparaisons“ im Museum für moderne Kunst in Paris aus. Anschließend beschäftigte er sich mit dem objektiven Charakter und dem Bedeutungsgehalt technischer Zeichnungen und Diagramme und präsentierte 1966 die Entwurfsskizze für ein Rohr, durch die er die Informationen über ein Objekt mit dem Objekt gleichsetzte. Mit diesen frühen konzeptuellen Arbeiten nahm Venet, der inzwischen in New York lebte, 1968 an der legendären Avantgarde-Messe „Prospect 68“ in Düsseldorf teil. Im gleichen Jahr erwarb das Museum of Modern Art in New York eine seiner Arbeiten und kurz darauf wurde seine erste eigene Museumsausstellung ausgerichtet. Als logische Konsequenz aus seinen radikal konzeptuellen Ansätzen stellte Venet 1969 seine künstlerische Arbeit ein. Bis 1975 widmete er sich seinen kunsttheoretischen Schriften und Vorträgen. Während der Vorbereitung einer Retrospektive nahm er anschließend seine künstlerische Produktion jedoch wieder auf. Er beschäftigte sich zunächst in seinen Bildern mit elementaren geometrischen Figuren wie Winkeln („Angles“) und Bögen („Arcs“), um das Thema schließlich auch in die Dreidimensionalität zu übertragen und seine ersten Stahlskulpturen zu entwickeln. In den 1970er Jahren nahm Venet an den Biennalen in São Paolo und Venedig sowie an der documenta 6 teil. Seither stellt er weiterhin weltweit aus und seine Außenraumskulpturen begegnen in vielen Städten an markanten Orten – zurzeit etwa in den Gartenanlagen von Schloss Versaille. Im Rahmen der Bad Homburger „Blickachsen“ hat Venet bereits an drei Ausstellungen teilgenommen. Die Skulptur „Indeterminate Line“ ist dauerhaft im Bad Homburger Kurpark zu sehen. In diesem Jahr werden nun bei „Blickachsen 8 Rhein Main“ neun großformatige Skulpturen von Bernar Venet auf dem Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität präsentiert. Auf der großen Wiese vor dem denkmalgeschützten Hauptgebäude des Universitätsviertels sind sie schon von Weitem sichtbar und ergänzen das Ensemble durch ihre dynamische Präsenz, ihre klar artikulierte Formensprache und die im Sonnenlicht rostrot leuchtende Farbe. Eine weitere Arbeit steht auf dem Campus Riedberg. Ausgestellt sind neuere Skulpturen aus Venets künstlerischem Werk, das seit der ersten Beschäftigung mit „Angles“ und „Arcs“ in den 1980er Jahren von der Linie als Thema bestimmt wird. Über die Linie als grafische Wiedergabe einer mathematischen Gleichung und die Darstellung einfacher mathematischer Informationen wie Winkel, Bögen oder diagonale Linien, gelangte Venet in seinen Bildern und Zeichnungen zur Beschäftigung mit unberechenbaren Linien. In der plastischen Gestaltung verwendet er Vierkantstahl zur Darstellung der Linie. Es entstehen streng geometrische Geraden – wie auch die hoch aufragende Skulptur „9 Straight Lines“ von 2008, die vom Campus kommend eine optische Verbindung zur Frankfurter Skyline herstellt – oder einfache Bögen von bis zu 20 Metern Höhe. In anderen Arbeiten ordnet Venet jeweils mehrere identische Bögen parallel zueinander, jedoch gegeneinander verschobenen an – oder er kombiniert mehrere solcher ‚Bündel‘. Wie bei den ausgestellten sechs Beispielen aus dieser Werkgruppe, benennen die Titel dieser Arbeiten durch eine mathematisch präzise Grad-Angabe jeweils das Kreissegment, das die identischen ‚Arcs‘ beschreiben, und geben zusätzlich deren Anzahl an. Dass die Bögen in Form und Segmentgröße gleich sind, erkennt der Betrachter erst auf den zweiten Blick – wenn er die jedem Bogen auch eingeprägte Gradzahl entdeckt. Die strenge Geometrie verbindet Venet in diesen Werken mit der nicht in eine Formel übersetzbaren freien künstlerischen Gestaltung von Proportion und Gleichgewicht. Trotz der formal reduzierten Bildsprache vermitteln diese raumgreifenden Bogenbündel den Eindruck von dynamischer Kraft und Bewegung. ‚Unbestimmte Linien‘ wiederum übersetzt Venet in unregelmäßige Spiralformen und stählerne Linienknäuel. In der Ausstellung sind drei Arbeiten aus der Reihe „Indeterminate Lines“ zu sehen, die für Venet die „Energie atomischer Masse“ verkörpern. Sie strahlen ihre vollständige Unberechenbarkeit förmlich aus, das Material scheint unter Spannung zu stehen und wird durch das ausgeprägte Licht- und Schattenspiel auf dem gerollten Vierkantstahl zusätzlich belebt.

Künstler Bernar Venet
Erstellungsjahr2008
TechnikCorten-Stahl
Maße260 x 410 x 240 cm
ausgestellt inBlickachsen 8, Frankfurt