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Chamäleon

Chamäleon 24

Auf der Höhe des Hanges, der zur großen Fontäne des Weihers abgleitet, hat sich in Sichtweite zur Stahlplastik von Nigel Hall ein dunkles Ungetüm niedergelassen. Während sich die Bewegung in Halls Ring nach innen wendet, greift sie in Zwingmanns zweiteiliger Konstruktion nach außen und droht in der lawinenartigen Abwärtsbewegung nach unten zu stürzen. Stahl und Pech, Stall und Asphaltrad, haben sich hier in einer ungewöhnlichen Partnerschaft verbündet, erneut wie schon in „Blickachsen 2" eine „Invasion" vorzubereiten.

Eine wippend konstruierte, schlanke Stahlkonstruktion entpuppt sich als Gehäuse für das offenbar mit Gewalt ausgebrochene Asphaltrad. Zungenförmig scheint sich in der Breite der Wandung ein Stahlband aus dem Kasten entrollt zu haben, um der schwarzen gewaltigen Asphaltscheibe wie auf einer Rampe freien Schub ins Tal zu geben. Auf diese Weise dringt erneut im metaphorischen Sinn – wie zuvor in den „Blickachsen 2" – der „Lärm der Straße in den Park". Doch handelt es sich dieses Mal – allerdings nur auf den ersten Blick – um den lautlosen Sprung des Chamäleons aus dem engen Käfig des Geheges in die Freiheit der Natur, um sodann unter den furchtsamen Menschen Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Stahl-Zunge des ins Gigantische getriebenen, eigentlich harmlosen und nützlichen Tieres, scheint dabei die schwarze Futter-Masse, die Asphaltscheibe, nicht halten und wie üblich an sich heranziehen zu können, zu gewaltig entwickelt sich die Eigendynamik der zähflüssig aufgerollten Kugel-Masse. Gerade diese Situation auf der Kippe würde – erneut im übertagenen Sinne – bei ausreichendem Widerstand unsere Echse vor dem abrollenden Strudel retten, haftet doch dem unverdaulichen Asphalt Pech und Tod an.

Man könnte auch in Umkehrung der Körperwendung und eingedenk der Tatsache, daß eben das Chamäleon zu sprichwörtlicher Körper- und Farbveränderung fähig ist, die Interpretation unserer Freiplastik und damit auch das titelgebende Tier von hinten aufziehen. Danach handelte es sich bei dem Gehäuse um den Kopf des Tieres, das seinen extrem langen ein- und ausrollbaren Schwanz in den Rasen gestreckt hat, um mit der gewaltigen Asphaltrolle all jene angesammelten Gifte des eigenen Körpers hangabwärts zu entlassen.

Wie das Chamäleon selbst die Täuschung provoziert, so wird auch der unaufmerksame Betrachter Opfer eines Vorganges mit vertauschten Rollen. Die „Invasion" meint dann keinen blinden Angriff, sondern Selbstreinigung des Körpers und der Natur.

Year2001
Typesteel, asphalt
Dimensions290 x 900 x 80 cm
Shown atBlickachsen 3, Bad Homburg

Works by Michael Zwingmann

Blickachsen 3

Blickachsen 2