Jaume Plensa
(Spanien) *1955 in Barcelona
Der Katalane Jaume Plensa zählt international zu den bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauern. Weltweit sind im öffentlichen Raum seine meist großformatigen Skulpturen ausgestellt, die sich mit dem menschlichen Körper als „Gefäß für den Geist, für die Seele“ auseinandersetzen und stets eine kontemplative Atmosphäre ausstrahlen. Bei den „Blickachsen 11“ zeigt Plensa je eine Arbeit in Bad Homburg und in Kronberg. Der gusseiserne Mädchenkopf „Isabella“ verbreitet trotz des mit viereinhalb Metern Höhe deutlich überlebensgroßen Formats eine ruhige und meditative Stimmung. Gleichwohl verändert sich die Gestalt je nach Betrachterstandpunkt: Die Proportionen verschieben sich, wirken eigentümlich gestreckt und selbst der vollplastische Eindruck des Kopfes verschwindet mitunter im Anschein von Flächigkeit. Die Verfremdung verstärkt sich durch die sichtbar belassenen Schweißnähte, die die fünf Einzelteile zusammenhalten und den Produktionsprozess deutlich herausstellen. Dadurch wirkt „Isabella“ beinahe ganz handwerklich hergestellt. Tatsächlich gründet der Effekt jedoch auf einer collagehaften Verbindung unterschiedlicher Techniken, denn dem Eisenguss geht ein computergenerierter 3-D-Scan voraus, sodass „Isabella“ Tradition und Digitalität kombiniert.
Der bei „Blickachsen 11“ im Kronberger Park Schloss Friedrichshof ausgestellte Mädchenkopf „Paula“ steht in enger Verwandtschaft zu der Arbeit „Isabella“, die in Bad Homburg gezeigt wird. Die geschlossenen Augen und die blockhafte Gestalt lassen „Paula“ in sich ruhend und von der Außenwelt abgewandt erscheinen. Vertikale Linien durchziehen gänzlich das zarte Gesicht und verweisen darin auf die artifizielle Herstellung der Skulptur, die aus verschiedenen, in Bronze gegossenen Einzelteilen besteht. Der überdimensionale Kopf begegnet dem Betrachter schon aufgrund des massiven quadratischen Sockels etwa auf Augenhöhe und konfrontiert ihn auf sanfte Weise mit einer nach innen gewandten Zurückgezogenheit, ohne sich den direkten Blicken zu entziehen. Die Werke des weltbekannten Künstlers Jaume Plensa ermöglichen stets einen Austausch oder eine direkte Interaktion von Skulptur und Betrachter, sei es, dass sie begehbar sind, wie die seit 2010 dauerhaft auf dem Frankfurter Campus Westend installierte Arbeit „Body of Knowledge“, oder dass sie in ihrer Ausstrahlung unmittelbar auf das Gegenüber einwirken. Diese Art der Auseinandersetzung ist kultur- und sprachübergreifend und erfordert lediglich die Bereitschaft, sich auf das Gegenüber einzulassen.