Werke

Pillar  [BOUR-1485]

Pillar [BOUR-1485] 2

Im Jahre 1938 war die aus Frankreich stammende Bildhauerin nach New York übergesiedelt und hatte sich hier wie die meisten europäischen Künstler zunächst noch dem Surrealismus verschrieben: Aufhebung der Logik, Verrätselung, mythische Archaisierung, traumwandlerische Figuration, erotische Impulse gehören zum Repertoire auch ihrer Skulpturen. Die erste Einzelausstellung fand in der New Yorker Peridot Gallery 1949 unter dem Titel „17 Standing Figures" statt. Aus eben dieser frühen Periode, die der maßgebenden Aufbruchsphase der Künstlerin entspricht, stammen auch die drei ausgestellten Bronze-Figuren. Das Thema „Schmerz und Leiden prägt das Werk von Anfang an", so Doris von Drathen. Die Figuren, die entfernt an Giacomettis ausgezehrte Figurationen erinnern, schichten sich in ihrer „hochgestreckten, dünnen Isoliertheit" wie zerbrechliche, totemartige Stelen in die Höhe. „Ein Thema kommt direkt aus dem Unbewußten", so Bourgeois, die „formale Vollendung ist dabei der wichtige Teil und wird äußerst bewußt angegangen. Die Form muß absolut streng und rein sein". Aus dieser Spannung zwischen innerem Empfinden und formbewußter Gestaltung entstand auch „Breasted Woman". Die „bebrüstete Weiblichkeit" offenbart sich wie so oft in einer sexuell orientierten „Kombination aus Fleisch und Blut" (Bourgeois). Tropfenförmig geschwollene Brustformen formieren sich vegetativ einzeln oder paarweise zu einem fließenden Stangen-Gebilde, das in einer Lanzenspitze endet.

In „Pillar" (Pfeiler) dagegen ahnen wir das Gegenstück strenger, fast eingefrorener Statuarik. Die pfeilerhafte, schlanke Stele wird von einem Kopf-Element beherrscht, das sich in einen griffgestaltigen Brust-Körper und in einen von Falten-Kanneluren geprägten Unterbau fortsetzt. Figur (als Frauenkörper) und Gerät (in Form einer Gabel) verfestigen sich hier zu einem Idol rätselhafter Provenienz.

Zu einer zeichenhaften Doppelform schließen sich die blattförmigen „Brother and Sister" (Bruder und Schwester) zusammen, Geburten eines surreal (vgl. René Magritte) bestimmten Menschenpaares, in dem das naturhafte Element (Blatt, Flügel) sich in totemartiger Verwandlung auflädt. Herkunft und Bedeutung dieser so eindeutig primitivistischen Zusammenhänge hatte erstmals Robert Goldwater 1938 in seiner epochalen Schrift „Primitivism in Modern Painting" dargelegt. Im gleichen Jahr hatte Louise Bourgeois den damals schon renommierten Kunsthistoriker und Mythenforscher geheiratet.

Die Magie des Fetischs hat Bourgeois in Kenntnis dieser Zusammenhänge in den Mythos ihrer Lebensdeutung transformiert.

Künstlerin Louise Bourgeois
Erstellungsjahr1949
TechnikBronze, bemalt
Maße164,4 x 30,4 x 30,4 cm
ausgestellt inBlickachsen 3, Bad Homburg