Werke

Maiskolben

Maiskolben 12

Was der Bildhauer einmal aus dem Stein geschlagen hat, ist nicht wieder rückgängig zu machen. Der Block, aus dem er seine Ideen herausschlagen will, wirkt zu dominant, um weitere Einfälle, Improvisationen und Korrekturen vorzunehmen. So bleibt der Ausdruck des Beweglichen und Flüchtigen, der sich flexibel und schmiegsam den Formen einverleibt, weitgehend der kompakten Konstruktion unterworfen. Wer dennoch wie Krüll den Block mit formloser Materie auflösen will, um der Einbildungskraft des Betrachters und der Metamorphose der Dinge größere Anreize und Dynamik zu verleihen, der addiert und vervielfältigt die einmal gefundene minimierte Basisform ins größere, sogar überdimensionale Format.

Der in Bronze umgesetzte „Maiskolben" und seine beiden kleineren Trabanten können diese Arbeitsweise beispielhaft verdeutlichen. Ursprünglich von der Gipsfassung in Silikonformen übersetzt, entstanden zunächst noch Ausführungen in Polyester, ehe sich definitiv der flüssige und blank polierte Bronzeguß anbot. Erst jetzt erhalten die kunstvoll aufgeschichteten, handelsüblichen Glasbehälter jene Elastizität, Brillanz und Rundung, die sich parallel zur Natur in der Metamorphose der Dinge als Maiskolben assoziieren ließen. Fest im Erdboden eingebettet scheinen sie wie wirkliche botanische Naturgewächse Schicht um Schicht in regelmäßiger Rippung und Reihung emporgewachsen zu sein. In hypertropher Übersteigerung wirklicher Maiskolben verdickt sich der schwellende Schaft wie ein baumartiger Stamm zur Mitte zu, um sich der Spitze entgegen wiederum in kleineren Wachstumsschüben zu verkürzen. Die emporragende Kuppe ist ganz oben abgerundet und wirkt wie mit Erde bestrichen.

Der übergroßen Bronze-„Mutter", die sich hier zur Mais-Ernte anbietet, sind zwei kleinere Setzlinge wie Kinder zugeordnet. Deren Wachstum scheint noch nicht abgeschlossen zu sein, auch wenn sie bereits die charakteristische Abrundung aufweisen. Dem grünenden Blatt-Werk des Kurparkes antwortet hier ein exotischer Fremdling aus ferner tropischer Zone, einer Gegend, in der die dauernde Sonne die Fruchtkolben bis zum Platzen anschwellen läßt.

Zuvor hatte Krüll noch sorgfältig gerundete und überdimensionale eiförmige Körper stillebenhaft in Gips und Polyester (1991 und 1999) ausgeführt. Diese sind sorgsam in schützende Behälter eingefaßt und scheinen sich wie in einer Warenauslage anzubieten. Ihre sterile Künstlichkeit und Ungenießbarkeit treibt wie in den „Maiskolben" ein aufreizendes Spiel mit dem frustierenden Effekt der Vergeblichkeit, der sich einstellt, wenn die Gier nach Konsum und Genuß nicht erfüllt wird.

Künstler Lothar Krüll
Erstellungsjahr2000
TechnikBronzeguss
Maße280 x 300 x 350 cm
ausgestellt inBlickachsen 3, Bad Homburg

Kunstwerke von Lothar Krüll

Blickachsen 3