Richard Deacon

(Großbritannien) *1949 in Bangor, Wales

Seit fünfzig Jahren setzt sich Richard Deacon in seinem bildhauerischen Werk auf vielschichtige Weise mit den Charakteristika seiner Materialien auseinander. Der Künstler, der sich selbst als „fabricator“ bezeichnet, schafft skulpturale Konstrukte, die stets dem Wechselspiel von Form und Hohlraum Ausdruck verleihen und dabei offen für das Assoziationsspiel der Betrachtenden sind. Zwei der vier bei Blickachsen 14 präsentierten Arbeiten tragen Titel, die den künstlerischen Prozess beschreiben: Für „Cut & Fold #3“ und „Cut & Fold #5“ schneidet und faltet Deacon Edelstahlplatten und fügt sie zu geometrisch-prismatischen Formen zusammen. Auch die beiden Elemente von „Twofold Way CD (Black)” sind in ähnlichem Vorgehen hergestellt. Die Komponenten von „Infinity #14“, durchbrochen von jeweils zwei oder drei Löchern, lenken den Blick dagegen besonders auf die vielfältigen Möglichkeiten der Oberflächenbearbeitung: In den regelmäßigen Vertiefungen reflektiert gleißend das Sonnenlicht, das durch die schräge Aufstellung direkt auf sie trifft.
Richard Deacon zählt zu den bedeutendsten Bildhauern seiner Generation. Seine Werke sind weltweit in großen Ausstellungen, u. a. auf der documenta 1992, sowie im öffentlichen Raum zu sehen. Deacon erhielt 1987 den Turner-Preis und war Professor für Bildhauerei in Paris und Düsseldorf.


Blickachsen 9 (2013):
Mit beeindruckender Konsequenz und Experimentierfreude hat Richard Deacon seit den 1970er Jahren ein komplexes Werk aus abstrakten Raumkonstruktionen geschaffen, für das er bereits vielfach ausgezeichnet wurde. Seine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Werkstoffen und die Freude an der Manipulation seiner Materialien bilden die Grundlage für die plastische Formgebung. Er bezwingt die Widerständigkeit von Metall und presst Holz in endlose geschwungene Gebilde, die den Raum durchdringen. „Siamese Metal #6“ ist Teil einer Serie, in der Deacon jeweils zwei Stahlrohr-Strukturen so miteinander kombiniert, dass sie sich in einem gemeinsamen Bereich überschneiden. Obwohl sie zu einer Gesamtstruktur verbunden sind, bleiben sie als je einzelne Form erfahrbar. Der Begriff „Siamese“ im Titel dieser Arbeiten bezieht sich nach Deacon „auf die Zwillingsbildung bei einem Doppelschlauchanschluss für Rohrleitungen (englisch: Siamese junction) und geht zurück auf die heute [im Englischen] diskreditierte Bezeichnung für körperlich miteinander verbundene Zwillinge, nach einem Akrobatenpaar am Hof des Königs von Siam im neunzehnten Jahrhundert.“ Individualität und Eigenständigkeit werden hier mit Gemeinschaft, Austausch oder Durchdringung in Beziehung gesetzt.