Werke

Stier IV

Stier IV 22

1976 hat Wolf Vostell das „Museo Vostell Malpartida" in Extremadura in Spanien gegründet und dort im gleichen Jahr sein erstes Video-Happening aufgeführt. Diese spanische Episode wirkte bis an sein Lebensende nach (er starb 1998) und stand in enger Verbindung mit Salvador Dalí, dem Großmeister der spanischen Paranoia. Dalí hat Vostell 1978 eingeladen, für den Vorplatz seines Memorial-Museums in Figueras eine Skulptur zu entwerfen. Es entstand der „Fernseh-Obelisk", eines der Denkmäler Vostells zu Mythos und Technik, in dem konventionelle und historische Konstanten auf die bis zur Erschöpfung und zum Tod bewegte Bilderflut der Gegenwart prallen. Bezeichnenderweise nannte Michael Wewerka 1983 eines der letzten großen Fluxus-Konzerte Vostells in Berlin „Die Nackten und die Toten".

Die „spanische Karte" hatte Vostell gerade in Malpartida aufgreifen können, da in Spanien durch Goya und Picasso die Motive des grausamen Terrors und der Folter in einprägsamen Bildern entstanden waren. Die „Tauromaquia in Gold", die Vostell 1989 malte, thematisiert Picassos „Frauen-Vergewaltigung", während die lange „Maja-Serie" sowohl Goyas Thematik von Eros und Gewalt umkreist als auch die Leiden zu Passion und Requiem. Der „Stierkampf" gehörte seitdem zu bevorzugten Inhalten Vostells, da hier glaubhaft der Tod in der Arena mit politischem Mord und mit gesellschaftlichen Repressionen gleichgesetzt werden kann. Das Grauen der Welt, so Vostells Überzeugung, läßt sich nicht mit „feinen Pinseln" mehr malen, während die „Ästhetik des Widerstandes" ihren Ursprung in jenen Verhältnissen hat, die es zu attackieren gilt. Diese Form des Angriffs und der Stoßrichtung verkörpert in Vostells Werk beispielhaft der Stier, Täter und Opfer zugleich.

Da Vostell nicht „einfach erschrecken, sondern aufrütteln" will, werden die Mittel, in der Regel Stahl und Beton, entsprechend direkt, ja brutal eingesetzt. 1986/87 entstanden „2 BetonCadillacs in Form der nackten Maja", in denen Auto- und Betonteile die Konfrontation aufnehmen. Zerquetschte und einbetonierte Karosserien – von dem sargähnlich betonierten Opel Kapitän (Köln 1969) bis zum Beton-Cadillac-Denkmal auf dem Berliner Rathenau-Platz – erheben mit ihrer buchstäblich innewohnenden Agressivität den Anspruch, daß Kunst bis hin zur Zerstörung revolutionär sein muß. Vostell deutet seine Objekte antropomorph (als Maja-Frau) und gibt ihnen, wie es gleichfalls Andy Warhol in seinen „Crashs" vorführt, die Aura des Todes. Das sei, so Vostell rückblickend, „die neue Kunst nach Picasso, die nicht mehr nur mit dem Pinsel gemacht wird". Während Picassos Stier noch das Leiden der Menschheit in sich sammelt, verkörpert Vostells hier vorgestellter Beton- „Stier", in dessen Leib ein Motorteil eingerammt ist, die nackte Gewalt. Doch nur ein solches Maschinen-Tier in der Gestalt eines Monstrums ist andererseits imstande, in die Rolle jener grimmigen Dämone zu schlüpfen, die den kostbaren „Garten der Hesperiden" bewachen. Eben diese Rolle ist dem „Stier" vor dem Schloß in Bad Homburg zugefallen.

Künstler Wolf Vostell
Erstellungsjahr1989/90
TechnikLKW-Motorteil und Beton
Maße135 x 390 x 140 cm
ausgestellt inBlickachsen 3, Bad Homburg

Kunstwerke von Wolf Vostell

Blickachsen 3