Werke
Interaction of colors 60
Als weiches und bewegliches Gegenüber werden bei „Blickachsen 11“ vier Stoffe an den Fahnenmasten des Campus Westend gehisst. Durch ihre Beweglichkeit kontrastieren sie die klaren Linien und Geometrien des Poelzig-Baus. Die kinetische Arbeit von Raul Walch greift Ornamente des präzisen architektonischen Rasters des Gebäudes auf, überführt diese jedoch in eine malerische Fläche. Eine solche Transformation der Fassade in textiles Material versinnbildlicht Hans Poelzigs Fassadenauffassung, die sich mit der ‚Bekleidungslehre‘ des Architekturtheoretikers Gottfried Semper auseinandersetzt: Poelzig entwarf für die Gebäudefassade ebenfalls ein ‚Kleid‘, allerdings ein schützendes und schmückendes, ohne die Konstruktion zu verhüllen. Während das Mauerwerk des heutigen Campusbaus seit Jahrzehnten statisch an einem Ort verbleibt, verändert sich Walchs Arbeit nicht nur sekündlich durch die Luftbewegung, sondern auch langfristig aufgrund der sich zersetzenden Stofflichkeit und der verblassenden Farben: Die verwendeten Pigmente sind natürlichen Ursprungs und nicht synthetisiert. Deutlich heben sich die leuchtenden Stoffe von der steinernen Travertin-Fassade ab und verleihen dadurch dem so kontroversen und geschichtsträchtigen Bau ein zusätzliches Gewand.