Ruud Kuijer

(Niederlande) *1959 in Schalkwijk

Ruud Kuijer hat sich international vor allem durch sein aufwändiges, am Amsterdam-Rhein-Kanal bei Utrecht installiertes Großprojekt „Waterwerken“ (Wasserkunstwerke) sowie monumentale Außenraumarbeiten in Melbourne und Panama-Stadt einen Namen gemacht. Bei Blickachsen 12 zeigt er insgesamt zehn seiner unverwechselbaren Werke in Bad Vilbel, Eschborn und Frankfurt. Seine Skulpturen sind abstrakte Raumkompositionen aus Stahlbeton: Geometrische, lineare und flächige, manchmal auch massiv wirkende Bauelemente sind zu räumlichen Anordnungen mit scheinbar labilen Gleichgewichtsbeziehungen verbunden. Spielerisch arbeitet Kuijer häufig auch erkennbare Gegenstände mit ein, wenn er seine Gussformen aus verschiedenen Formelementen von Fundstücken und fragmentierten Alltagsobjekten zusammensetzt. Als Material verwendet er einen speziell für ihn entwickelten, besonders dünnflüssigen Beton, der beim Guss von einer Form in die andere fließen kann und die Oberflächenstruktur der Vorlagen präzise und variantenreich abbildet. In Bad Vilbel geben die eher kompakte „Kolomskulptuur II“ (Säulenskulptur), die Arbeit „Staffetta I“ (Staffellauf) mit ihren scheinbar prekär balancierenden Elementen und die offene „Vensterskulptuur V“ Einblick in die Vielfalt der Ausdruckformen Ruud Kuijers.

Die skulpturale Artikulation des Raumes steht im Zentrum des Schaffens von Ruud Kuijer, der u. a. an der Akademie der Künste in Berlin gelehrt hat. Er lotet die plastischen Qualitäten verschiedener Formelemente aus und experimentiert mit Gewicht und Statik, Gleichgewicht und Schwerkraft, Bewegung und Gegenbewegung. Dabei entwickelt er eine eigenständige skulpturale Formensprache und schließt durch seine Materialwahl zugleich an die Verwendung des Baustoffs Beton in der Architekturgeschichte seit den 1920er-Jahren an. Häufig wählt er auch ein architektonisches Element als Ausgangspunkt seiner Werke. Beispielhaft hierfür steht in Eschborn bei Blickachsen 12 seine „Vensterskulptuur V“. Entscheidend sind auch hier Bewegungsverschiebungen, Gewichtsverlagerungen und Durchblicke. Kuijer belässt all seine Werke materialsichtig, und betont so ihren abstrakten Charakter – selbst wenn er diesen durch augenzwinkernd eingearbeitete Objekte wieder aufbricht, wie in „Staffetta II“ und der in Eschborn ausgestellten Arbeit ohne Titel. An jedem der von Ruud Kuijer bespielten Standorte der Blickachsen 12 ist eine Gruppe seiner Arbeiten zu sehen, die unterschiedliche Ausprägungen seines Formenkanons vorstellt und Kontraste ebenso wie Gemeinsamkeiten aufzeigt.

Unmittelbar vor dem Haupteingang des Poelzig-Baus auf dem Frankfurter Campus Westend setzt bei Blickachsen 12 die beinahe acht Meter hohe Betonskulptur „Hangend Vlak“ (Hängende Fläche) von Ruud Kuijer einen starken Akzent. Auch sie wurde – wie die kleineren Betonarbeiten Kuijers – in einem Stück gegossen. Trotz ihrer Größe und des immensen Gewichts von 13 Tonnen vermittelt die Arbeit den Eindruck von Dynamik und spielerischer Leichtigkeit. Unterschiedliche Pfeiler, Blöcke und Platten scheinen in labilem Gleichgewicht aufeinander zu stehen oder zu liegen, aneinander zu lehnen oder sich – wie die titelgebende ‚Fläche‘ – hängend der Schwerkraft zu entziehen. Die lose Anordnung der Formelemente dieser Skulptur kontrastiert an ihrem Aufstellungsort die strenge Geometrie des Universitäts-Gebäudes. Dabei steht das Material des lichtgrauen Betons der Skulptur im Dialog mit dem gelbbraunen Naturstein der Gebäudefassade. Drei weitere charakteristische Werke Ruud Kuijers sind auf dem Campus-Gelände hinter dem Poelzig-Bau installiert. Wie in Bad Vilbel und in Eschborn, sind auch hier die überlebensgroßen Skulpturen mit den Titeln „Kolomskulptuur IV“, „Staffetta III“ und „Vensterskulptuur I“ zu einer kontrastreichen Gruppe zusammengestellt.